Täglich literweise Verdauungssäfte
Die Bedeutung der Mikroorganismen im Darm für unsere Verdauung und Ernährung ist unbestritten. Vergessen geht dabei leicht, wie viele Verdauungssäfte dazu beitragen, die Nahrung chemisch und biochemisch aufzuschliessen.
Neben der mechanischen Zerkleinerung der Nahrung im Mund und dem Aufschluss der Nahrungsbestandteile mithilfe der Billionen von Mikroorganismen im Darm – dem Darmmikrobiom – sorgt eine Vielzahl von Verdauungssäften, dass wir Nährstoffe in der Nahrung für uns nutzen können.
Mundspeicheldrüsensekret
Rund einen Liter (einen halben bis einen Liter) Speichel pro Tag produzieren die grossen und kleinen Mundspeicheldrüsen. Die Zusammensetzung des Sekrets ist komplex, die Funktion vielfältig. Mithilfe des Speichels wird die Mundhöhle befeuchtet, Nahrungsmittelsäuren werden gepuffert, Kohlenhydrate und Fette vorverdaut, Speisen gleitfähig gemacht, das Mundmikrobiom (auch die Plaque) wird kontrolliert, krank machende Erreger werden abgewehrt, Mundschleimhaut und Zahnsubstanz geschützt.
Magensaft
Bis zu drei Liter Magensaft werden von der Magenschleimhaut in den Magenraum abgegeben. Der stark saure Magensaft enthält zum einen Salzsäure (Magensäure), die Keime abtötet, Nahrungsproteine aufspaltet und Pepsinogen zu eiweissspaltendem Pepsin aktiviert. Die ebenfalls gebildeten Schleimstoffe (Muzine) sowie Bicarbonat schützen die Magenschleimhaut vor der Salzsäure. Die Magenlipidase setzt die Verdauung der Lipide fort. Sodann bilden die Belegzellen den Intrinsic Factor, der für die Aufnahme von Vitamin B12 im Dünndarm wichtig ist.
Bis zu drei Liter Magensaft
werden von der Magenschleimhaut
in den Magenraum abgegeben.
Fliesst Magensaft unkontrolliert in die Speiseröhre zurück (Sodbrennen), kann eine Refluxkrankheit (GERD) die Ursache sein, die im Alter häufiger auftritt (bei rund einem Viertel der Personen dieser Altersgruppe). Je nach Schweregrad wird mit konservativen Massnahmen oder mit Medikamenten behandelt.
Bauchspeicheldrüsensekret
Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) produziert rund eineinhalb Liter Sekret pro Tag. Ihr Ausführgang mündet in den ersten Abschnitt des Dünndarms, den Zwölffingerdarm. Das Bauchspeicheldrüsensekret neutralisiert den sauren Brei (Chymus) des Magens und enthält Enzyme zum Spalten von Eiweiss, Fetten, Kohlenhydraten und Nukleinsäuren. Zudem finden sich im Sekret Hormone wie Insulin und Glucagon.
Galle
Die von der Leber gebildete Galle (einen halben bis einen Liter pro Tag) wird in der Gallenblase gesammelt, eingedickt und bei Bedarf in den Zwölffingerdarm geleitet. Gallensäuren sind wichtig für die Fettverdauung, indem sie als Emulgatoren wirken. Neben Enzymen und anderen Substanzen enthält die Galle auch diverse Farbstoffe, die Urin und Kot ihre charakteristische Farbe verleihen.
Dünndarmsekrete
Zwölffingerdarm (Duodenum), Leerdarm (Jejunum) und Krummdarm (Ileum) bilden den Dünndarm. Er ist der Hauptort der Nährstoffaufnahme. Auch im Dünndarm werden Sekrete gebildet: Das schleimige (Muzin) und bikarbonatreiche Zwölffingerdarmsekret (circa einen Liter pro Tag) schützt ebenfalls vor der aggressiven Magensäure und enthält darüber hinaus viele Enzyme und Hormone. Im Ileum wird ein Grossteil des Wassers und aller Verdauungssekrete wieder resorbiert, täglich sechs bis zwölf Liter (je nach Quelle).