Blasenentzündung und Antibiotika: Es geht oft auch ohne …
Rund die Hälfte der Frauen erkrankt in ihrem Leben an einer Blasenentzündung. Bei unkomplizierten Infekten sind meist keine Antibiotika notwendig.
Häufig wird angegeben, dass Frauen wegen einer kürzeren Harnröhre mehr Blasenentzündungen haben als Männer. «Wahrscheinlich tragen aber viele andere Gründe, insbesondere Veränderungen der natürlichen Bakterienbesiedelung, auch Mikrobiom genannt, in Blase, Vagina und vor allem im Darm dazu bei, dass Frauen häufiger daran erkranken», weiss PD Dr. med. Daniele Perucchini, Leiter des Blasenzentrums Zürich. Von Blasenentzündungen sind neben jüngeren Frauen auch viele Frauen nach der Menopause mit zunehmendem Alter betroffen. Allerdings müssen Bakterien im Urin laut dem Spezialisten nicht behandelt werden, wenn sie keine Beschwerden verursachen.
Die Ursachen
Die Krankheit wird durch ein aktives Sexleben, Kälte, die Einnahme von Antibiotika, aber auch durch einen BMI von über 30 und den Rückgang der Hormonproduktion in den Wechseljahren begünstigt. Letzteres führt zu Scheidentrockenheit, wodurch die Schleimhaut empfindlicher für Bakterien wird. Auch Organsenkungen begünstigen eine Infektion, weil sich die Blase dadurch nicht immer ganz entleeren kann.
Etwa die Hälfte der Frauen erkrankt einmal im Leben an einer Blasenentzündung. «Davon erleiden zwanzig Prozent einen
weiteren Infekt. Etwa drei Prozent aller Frauen haben immer wieder Blasenentzündungen, welche die Lebensqualität stark einschränken», erklärt der Facharzt. Neue Erkenntnisse zeigen, dass bei diesen Frauen die Zusammensetzung des Mikrobioms im Darm im Vergleich zu gesunden Frauen ohne Blasenentzündungen verändert ist.
Risiko Antibiotikaresistenz
Etwa die Hälfte der Blasenentzündungen heilt auch ohne antibiotische Behandlung. Mit Antibiotika klingen die Symptome nach zwei Tagen ab, ohne dauert es vier bis fünf Tage. Unkomplizierte Blasenentzündungen beschränken sich in den allermeisten Fällen auf die unteren Harnwege, steigen also nicht in Richtung der Nieren auf und verursachen keine Nierenbeckenentzündung.
Etwa die Hälfte der Blasen-
entzündungen heilt auch ohne
antibiotische Behandlung.
Der häufige Einsatz von Antibiotika bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen kann jedoch negative Konsequenzen haben, möglicherweise auch auf die hilfreichen Bakterien im Mikrobiom: Es kann zu Resistenzen kommen. Diese entstehen aber auch durch Antibiotika, die zum Beispiel in der Tierzucht verwendet werden und so in unsere Nahrungsmittel gelangen.
Für Blasenentzündungen sind vor allem Escherichia-coli-Bakterien verantwortlich. Aber auch Pilze, Viren oder Parasiten kommen als Auslöser infrage. In den letzten zwanzig Jahren hat die Zahl der antibiotikaresistenten E.-coli-Bakterien stark zugenommen. Resistente Bakterien können eine Behandlung erschweren, verlängern oder im schlimmsten Fall gar verunmöglichen. Um die Wirkung von Antibiotika möglichst lange zu erhalten, sollten sie nur dort eingesetzt werden, wo sie zwingend nötig sind. Bei unkomplizierten Blasenentzündungen ist das häufig nicht der Fall.
Die Symptome
«Jüngere Frauen haben während der Akutphase starke Schmerzen beim Wasserlösen, häufigen Harndrang und manchmal sogar blutigen Urin», erklärt Daniele Perucchini. Bei älteren Frauen sind die Symptome meist nicht so akut. Sie melden sich bei der Ärztin oder dem Arzt, wenn der Urin auffällig riecht, sie häufiger zur Toilette müssen und einen verstärkten Drang verspüren beziehungsweise ungewollten Urinabgang bemerken. Manche Frauen klagen über ein Brennen oder ein unspezifisches Schmerzgefühl in der Blase. Beim Wasserlösen haben ältere Patientinnen hingegen oft keine Schmerzen. Wenn Fieber oder Schüttelfrost und Schmerzen in der Nierengegend auftreten und der Allgemeinzustand stark reduziert ist, müssen Betroffene zum Arzt oder zur Ärztin.
Die Behandlung
Manchmal kann man die Symptome einer Blasenentzündung mit Ibuprofen behandeln. «Viele Frauen profitieren auch von der Einnahme des Einfachzuckers D-Mannose», weiss der Facharzt. «Keime bleiben eher am Zucker anstatt an der Blasenwand haften und werden beim Urinieren ausgeschieden.»
Bei Blasenentzündungen haben sich auch Extrakte aus Bären-traubenblättern sowie eine Mischung aus Rosmarin, Liebstöckel und Tausendgüldenkraut bewährt. Kapuzinerkresse und Sanddorn können ebenfalls hilfreich sein.
Bei wiederkehrenden Blasenentzündungen
Betroffenen Frauen steht die Option einer immunisierenden Behandlung mit OM-89 zur Verfügung. Daniele Perucchini stellt bei seinen Patientinnen fest, dass sich durch diese Behandlung die Zahl der Infektionen, die Symptomrate und der Schweregrad der Erkrankung reduziert. «Studien beschreiben eine Erfolgsrate von sechzig bis siebzig Prozent», sagt der Spezialist. Das Präparat wird von den Krankenkassen jedoch nicht bezahlt.
In der Praxis setzt er zudem bei Frauen mit wiederkehrenden Entzündungen eine Hyaluronsäure-Chondroitinsulfat-Lösung ein, mit der sich Defekte an der schleimartigen Schutzschicht der Blaseninnenwand schliessen lassen. Bei älteren Patientinnen, die immer wieder an Blasenentzündungen erkranken und an Scheidentrockenheit leiden, verbessert eine lokale Östrogenbehandlung das Scheidenmilieu.
Verhaltensregeln, die vor Harnwegsinfekten schützen
- Nach Geschlechtsverkehr immer sofort Blase entleeren.
- Genital-/Analregion immer von vorne nach hinten reinigen.
- Keine übertriebene Intimhygiene.
- Regelmässige Entleerung der Blase.
- Bei Empfindlichkeit auf Kälte: Kälte an Füssen und im Bereich des Beckens vermeiden.
- Bei Vitamin-D-Mangel: Supplementation.
- 1,5 bis 2 Liter trinken reicht aus.