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Gesundes Gehör: So bleiben Sie ganz Ohr

Die Ohren sind für zwei wesentliche Funktionen wichtig: Hören und Gleichgewicht. Aber wie gelangen die Töne eigentlich vom Ohr ins Gehirn? Und was kann dabei alles schiefgehen? Ein kleiner Überblick über Hörprobleme.

Geräusche in Form von Schallwellen bringen das Trommelfell zum Schwingen und werden über die Membran am Eingang des Innenohrs auf die Flüssigkeit in der Hörschnecke (Cochlea) übertragen. Eine Aufgabe des Ohrs besteht darin, diese Schallschwingungen aufzunehmen und in Nervenimpulse umzuwandeln. Diese werden dann ans Gehirn geschickt, wo die Töne wahrgenommen werden. Das menschliche Ohr kann Frequenzen zwischen 20 und 20 000 Hertz hören. Die sogenannte Hörschwelle bezeichnet die Mindestintensität eines Geräusches in Dezibel (dB), die das Ohr wahrnehmen kann. Das Ohr ist aber auch für eine weitere wichtige Funktion verantwortlich: das Gleichgewicht! Das Gleichgewichtsorgan, das zur Koordination der Bewegungen von Kopf und Körper beiträgt, sitzt nämlich im Innenohr. Da dieses Organ auch Vestibularapparat genannt wird, spricht man bei häufigen Schwindelanfällen von vestibulären Störungen. Gleichgewichtsprobleme können auch zusammen mit Ohrensausen oder Hörverlust auftreten.

Lärm kann die Ohren irreparabel schädigen

Lärm, die grösste Belastung für unsere Ohren, kann sich verheerend auf das Hörvermögen auswirken, vor allem berufsbedingter Lärm und zu laute Musik. Bestimmte besonders laute Geräusche stellen sogar echte akustische Traumen dar. Zur Orientierung: Eine normale Unterhaltung hat etwa 60 dB, der öffentliche Nahverkehr kommt auf bis zu 80 dB, die Lärmgrenze auf der Arbeitsstelle liegt bei 87 dB – und MP3-Player sind glücklicherweise auf 100 dB beschränkt. Bei zu lautem Musikgenuss über einen zu langen Zeitraum kann es zu schweren Schädigungen kommen, die leider nicht mehr rückgängig zu machen sind. Der Begriff «Hyperakusis» bezeichnet eine Unverträglichkeit oder Überempfindlichkeit gegenüber Geräuschen, selbst Alltagsgeräuschen. Sie kann als Folge eines akustischen Traumas, also durch starke Schallreize, auftreten und wird in fast der Hälfte der Fälle von einem Tinnitus begleitet. Wissen Sie, was darunter zu verstehen ist?

Tinnitus – das akustische Phantom

Kaum jemand hat nicht schon einmal ein Pfeifen oder Summen im Ohr gehabt. Dieses Phänomen wird Tinnitus genannt und ist ein banales, schnell wieder vergessenes Symptom, solange es nur vorübergehend auftritt. Bei manchen Menschen bleibt der Tinnitus jedoch dauerhaft und kann sich zu einem wahren Albtraum entwickeln. Es handelt sich dabei um «Phantomgeräusche», die eine Person hört, ohne dass sie tatsächlich existieren. Ein Tinnitus kann gelegentlich, mit Unterbrechungen (intermittierend) oder kontinuierlich auftreten. Er entsteht durch eine Funktionsstörung der Gehörnerven. Die Ursachen für dieses Symptom können dabei ganz unterschiedlich sein. Ein vorübergehender Tinnitus kann beispielsweise auftreten, nachdem man sehr lauter Musik ausgesetzt war. Er klingt im Allgemeinen ohne Behandlung von selbst ab. Ein Tinnitus kann aber auch die Folge eines akustischen Traumas oder ein Symptom für eine Erkrankung wie etwa die Menière-Krankheit sein. Ist Ihnen dies ein Begriff?

Drehschwindel

Die Menière-Krankheit ist eine chronische Erkrankung des Innenohrs, die in wiederkehrenden Anfällen zu plötzlich auftretendem Schwindel, Ohrensausen und Hörverlust führt. Die Häufigkeit dieser Anfälle ist sehr unterschiedlich und unvorhersehbar. Zu Beginn ist meist nur ein Ohr betroffen, aber fast die Hälfte der Patienten zeigt nach einigen Jahren auf beiden Ohren Symptome.

Hörfehler werden immer häufiger

Wenn das Hörvermögen stark abnimmt oder sogar ganz verschwindet, spricht man von Schwerhörigkeit bzw. Gehörlosigkeit. Etwa einer von tausend Schweizern ist von Geburt an gehörlos, dazu kommt eine steigende Zahl von Schwerhörigen, was vor allem mit der alternden Bevölkerung zusammenhängt. Lärmbelastung und der Alterungsprozess gehen beide mit einer Zerstörung der Haarzellen im Innenohr einher und stellen die beiden Hauptursachen für den Hörverlust dar. Auch bestimmte Erkrankungen können zur Beeinträchtigung des Hörsinns führen. So kann es beispielsweise bei einer Mittelohrentzündung zu einer vorübergehenden Verschlechterung des Gehörs kommen, aber auch Erkrankungen wie die Otosklerose (die Form der Taubheit, unter der auch Beethoven litt) oder der zuvor beschriebene Drehschwindel (Menière-Krankheit) führen zur Hörverschlechterung.

Oft sind junge Menschen betroffen

Sind die jungen Menschen von heute die gehörlose Generation von morgen? Selten sieht man sie ohne ihre Kopfhörer und vielen ist der deutlich zu laute Musikgenuss offenbar wichtiger als die Gesundheit ihrer Ohren. Nicht umsonst ist die häufigste Ursache für Höreinbussen bei Jugendlichen zu intensives Beschallen. Junge Menschen sind sich oft nicht der Tatsache bewusst, dass bestimmte Verhaltensweisen unwiderrufliche Auswirkungen auf ihre Gesundheit haben. Sie sollten wissen, dass sie über ein «Hörkapital» verfügen, das es zu bewahren gilt. Bei der Geburt hat jeder Mensch etwa 15 000 Haarzellen im Innenohr. Gehen sie verloren, werden sie nicht ersetzt und das Gehör verschlechtert sich unwiederbringlich.

So bleibt Ihr Gehör intakt

  • Drehen Sie die Musik nicht zu laut auf! Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie In-Ear- oder On-Ear-Kopfhörer verwenden.
  • Legen Sie beim Musikhören über Kopfhörer alle 45 Minuten eine zehnminütige Pause ein.
  • Machen Sie auch bei anderen geräuschvollen Tätigkeiten regelmässige Pausen.
  • Halten Sie bei Konzerten oder im Club Abstand zu den Lautsprechern und verwenden Sie die angebotenen Ohrenstöpsel.
  • Achten Sie darauf, wann Sie müde werden – Müdigkeit macht die Ohren empfindlicher.

Wann ist es Zeit für ein Hörgerät?

Wenn Sie Schwierigkeiten haben, Unterhaltungen in der Gruppe oder bei Hintergrundgeräuschen zu folgen oder wenn Sie Ihre Lieblingsmusik nicht mehr so intensiv geniessen können wie früher, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Sie ein Hördefizit entwickelt haben. In solchen Fällen können Ihnen Hörgeräte Besserung verschaffen. Bei einer Verordnung eines Hörgeräts durch einen Spezialisten (HNO-Arzt) im Rahmen der AHV hat der oder die Versicherte Anspruch auf eine Pauschalerstattung für Hörhilfen in Höhe von 630 Franken. Überschreitet die Gehörminderung eine bestimmte Schwelle (Gutachten durch Facharzt erforderlich), beteiligt sich die IV an den Kosten (840 Franken für ein Hörsystem und 1650 Franken, wenn beide Ohren betroffen sind).