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Haarausfall im Alter – ein Männerproblem?

Erblich bedingter Haarausfall ist als typische Alterserscheinung bei Männern bekannt. Dabei sind die Herren nicht allein damit: Die genetische Veranlagung ist auch bei Frauen die häufigste Ursache für eine sich lichtende Haarpracht.

Catharina Bühlmann, Apothekerin

Zuerst weicht das Haar an den Schläfen zurück und hinterlässt die typischen «Geheimratsecken», dann wird es auch am Hinterkopf dünner. Kaum ein Mann ist nicht von erblich bedingtem Haarausfall, in der Fachsprache als androgenetische Alopezie bezeichnet, betroffen. Grund für den Haarverlust ist eine genetisch veranlagte Überempfindlichkeit der Haarfollikel gegenüber männlichen Geschlechtshormonen, sogenannten Androgenen. Hauptverdächtiger dabei ist das Hormon Dihydrotestosteron (DHT), welches mithilfe eines Enzyms aus Testosteron gebildet wird. Ein reines Männerproblem, denken Sie sich jetzt? Nein, denn Androgene kommen bei beiden Geschlechtern vor. So sind neben achtzig Prozent der Männer auch zwanzig bis dreissig Prozent der Frauen von dieser Form des Haarverlusts betroffen.

Wenn Hormone das Haarwachstum stören

Dass uns täglich bis zu hundert Haare ausfallen, ist ganz normal. Denn dank eines sich ständig wiederholenden Wachstumszyklus erneuert sich unser Kopfhaar regelmässig von selbst. Dieser Prozess dauert in der Regel etwa sieben Jahre und kann in drei Abschnitte eingeteilt werden:
– Während der Wachstumsphase wächst das Haar rund einen Millimeter in drei Tagen. Diese Phase dauert mehrere Jahre und ist somit die längste.
– In der anschliessenden zwei- bis dreiwöchigen Übergangsphase hat das Haar seine maximale Länge erreicht und das Wachstum wird eingestellt.
– Die zwei- bis dreimonatige Ruhephase schliesst den Zyklus ab: Ein neues Haar beginnt zu wachsen, das alte wird abgestossen.
Reagieren die Haarwurzeln sensibel auf das Hormon DHT, bilden sich die Blutgefässe in den Haarfollikeln, welche für die Nährstoffversorgung der Haare wichtig sind, langsam zurück und die Wachstumsphase verkürzt sich. Die Folge daraus: Die Haare werden dünner, die Haarfollikel verkümmern und es kommt zu einem unumkehrbaren Haarverlust.

Von Geheimratsecken bis zur Glatze

Bei Männern kann sich die androgenetische Alopezie bereits nach den ersten Hormonschwankungen, also nach der Pubertät, manifestieren. Wie schnell und in welchem Ausmass der Verlust der Haare fortschreitet, ist jedoch individuell unterschiedlich. Typischerweise beginnt der anlagebedingte Haarausfall bei Männern an den Schläfen. Im weiteren Verlauf können sich auch die Haare im Scheitelbereich und am Hinterkopf lichten, was bis hin zu einer Glatze, oft umgeben von einem Haarkranz im Nacken, führen kann. Dieses charakteristische Erscheinungsbild zeigt sich deshalb, weil Männer am Vorderkopf mehr Androgenrezeptoren, sogenannte Andockstellen für männliche Geschlechtshormone, besitzen als am Hinterkopf.

Ein dünner Scheitel bei der Frau

Anders als beim Mann führt erblich bedingter Haarausfall beim weiblichen Geschlecht nicht zum kompletten Haarverlust. Vielmehr dünnt das Haar schleichend im Bereich des Mittelscheitels aus, bis die Kopfhaut sichtbar wird. Androgenetische Alopezie kann bei Frauen ab dem dreissigsten Lebensjahr, in seltenen Fällen auch früher, einsetzen. Häufig treten erste Anzeichen aber erst nach den Wechseljahren auf, wobei die Abnahme des Östrogenspiegels eine Rolle spielt. So ist nicht etwa eine übermässige Konzentration von Testosteron, sondern das Fehlen von Östrogenen als Gegenspieler mitverantwortlich für den Haarausfall.

Behandlung: Je früher, desto besser

Erblich bedingter Haarausfall ist ein natürlicher Prozess und gilt nicht als Krankheit. Nichtsdestotrotz wird dichtes, volles Haar mit Attraktivität und Gesundheit assoziiert und viele Betroffene leiden an der psychischen Belastung, die kahle Stellen mit sich bringen. Um den Haarverlust zu stoppen, sind verschiedene Präparate erhältlich.

  • Minoxidil: Dieser eigentlich blutdrucksenkende Wirkstoff wird als Lösung direkt auf die Kopfhaut aufgetragen. Minoxidil kann von Männern wie Frauen angewendet werden, wobei sich die Dosierung je nach Geschlecht unterscheidet. Bei der Behandlung ist Geduld und Durchhaltevermögen gefragt: Der gewünschte Effekt tritt erst nach ein paar Monaten ein – und wird das Mittel abgesetzt, kommt der Haarausfall wieder zurück.
  • Finasterid: Dieses in Tablettenform erhältliche Arzneimittel ist zur Behandlung der androgenetischen Alopezie bei Männern zugelassen und muss vom Arzt verordnet werden. Finasterid hemmt die Umwandlung von Testosteron zu Dihydrotestosteron. Die empfohlene einmal tägliche Einnahme kann jedoch zu unangenehmen Nebenwirkungen wie einen verminderten Sexualtrieb oder Impotenz führen. Finasterid ist für Frauen nicht geeignet.

Bemerken Sie an sich einen beginnenden Haarausfall und möchten diesen minimieren, sollten Sie so früh wie möglich mit Gegenmassnahmen starten, denn verkümmerte Haarwurzeln wiederzubeleben, gilt quasi als ein Ding der Unmöglichkeit.

Haarausfall vorbeugen

Eine sorgfältige Pflege hilft dabei, das Haar so lange wie möglich zu erhalten:

  • Schonen Sie Ihre Haare: Ständiges Waschen, Heissluft aus dem Haartrockner sowie häufiges Färben strapazieren Ihr Haar und machen es äusseren Einflüssen gegenüber empfindlicher.
  • Setzen Sie auf hochwertige Haarpflegeprodukte: Diverse Inhaltsstoffe trocknen das Haar aus und greifen die Kopfhaut an, während andere Ihre Haarwurzeln stärken können. Wählen Sie entsprechende Pflegeprodukte bewusst aus und gönnen Sie Ihrem Haupt hin und wieder eine Spülung oder Haarkur.
  • Verbessern Sie die Durchblutung: Verwöhnen Sie Ihre Kopfhaut, indem Sie sie jeden Tag sanft mit den Fingerspitzen massieren. Dies fördert die Durchblutung und steigert die Nährstoffversorgung der Haarfollikel.
  • Sorgen Sie für die richtigen Nährstoffe: Für gesundes Haar ist eine ausgewogene Ernährung wichtig. Mit einer gezielten Nahrungsergänzung mit B-Vitaminen wie Biotin, Vitamin C und Zink stärken Sie die Haarstruktur von innen. Extrakte aus Goldhirse beinhalten zudem schwefelhaltige Aminosäuren, die für das Haarwachstum wichtig sind.