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Naturkosmetik: Ethik im Trend?

Naturkosmetiklinien sind seit einiger Zeit auf dem Vormarsch. Doch was genau ist an ihnen besser als an herkömmlichen Produkten? Bekanntermassen gibt es zwischen Weiss und Schwarz einen Regenbogen an Farben und Nuancen, so auch in der Kosmetik.

Sich im Kosmetikdschungel zurechtzufinden, grenzt schon beinahe an eine Meisterleistung. Unzählige Produkte in den edelsten Verpackungen strahlen aus schier endlos erscheinenden Regalreihen und es ist zugegebenermassen nicht leicht, Kosmetiklinien zu finden, die nicht nur ansprechend aussehen und erschwinglich sind, sondern auch noch in jeder Hinsicht zu Ihnen passen. Bevor Sie sich also an eine Auswahl wagen, ist es hilfreich, sich in der Apotheke beraten zu lassen. Was braucht Ihre Haut und was für Kriterien sollte ein Produkt neben Preis und Wirkung sonst noch erfüllen?

Ethik in der Kosmetik

Früher mussten sich die Naturliebhaber ihre Kosmetik wohl grösstenteils selbst mischen oder einen vifen Apotheker damit beauftragen. Heute sind wir in der glücklichen Lage, dass es so viele Kosmetikhersteller gibt, dass fast jedes Kundenbedürfnis abgedeckt werden kann. Während die industriellen Grossverteiler sich insbesondere an Vorgaben im Hinblick auf Verarbeitbarkeit und Verfügbarkeit von Rohstoffen, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit orientieren, haben sich die Naturkosmetikhersteller eine Marktlücke zunutze gemacht: Mit einer grossen Portion Innovationsgeist haben sie Ethik und Nachhaltigkeit zu einem neuen Trend werden lassen und das zuvor wenig schmeichelhafte Image von Naturprodukten aufpoliert. So entspricht Naturkosmetik heute dem aktuellen Zeitgeist, der in Anbetracht von Umwelt- und Klimaschutz sowie Ressourcenschonung sicherlich längst überfällig gewesen ist.

Naturkosmetik-Labels

Der Begriff «Naturkosmetik» ist weder rechtlich definiert noch geschützt, was es für Laien schwierig macht, zu erkennen, ob ein Produkt tatsächlich chemie- und schadstofffrei ist. Um den Kunden das Studieren von Inhaltsstoffen zu ersparen, gibt es Qualitätslabels von unterschiedlichen Anbietern, die mit ihrem Gütesiegel garantieren, dass die Kosmetiklinie auf Einhaltung der jeweiligen Vorgaben geprüft wurde und ihren Standards entspricht (z. B. BDIH, NATRUE usw.). Das wichtigste Kriterium für zertifizierte Naturkosmetik ist auf alle Fälle, dass ihre Zusammensetzung natürlichen Ursprungs, naturbelassen (am besten in Bio-Qualität) und möglichst frei von Chemie und Schadstoffen ist. Viele Hersteller sprechen sich zudem gegen Tierversuche aus, achten auf nachhaltig produzierte, recycelte oder gar biologisch abbaubare Verpackungen und haben nicht selten selbst ihre Produktionsstätten und firmeninternen Abläufe auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit ausgerichtet.

Alles auch vegan

Um eines gleich vorwegzunehmen: Vegan bedeutet nicht «bio». Was viele nicht wissen: Jeder rein chemische Inhaltsstoff ist automatisch vegan. Vegan ist somit kein Synonym für «natürlich» oder gar «bio», sondern bedeutet lediglich «ohne tierische Inhaltsstoffe». Insofern kann vegane Kosmetik nicht automatisch mit Naturkosmetik gleichgesetzt werden und Naturkosmetik ist nicht grundsätzlich vegan. Gerade Bienenwachs wird in Naturkosmetik häufig zur Konsistenzbildung eingesetzt, obwohl aufgrund ihres Schmelzpunkts auch Kakaobutter oder Kokosöl dafür geeignet wären. Wenn Sie also Wert auf vegane Naturprodukte legen, gibt es auch hierfür entsprechende Labels (z. B. NC vegan oder die Sonnenblume der Vegan Society).

Erlaubt, aber verpönt

Es gibt eine Menge Inhaltsstoffe, die für kosmetische Zwecke zugelassen und in herkömmlicher Kosmetik standardmässig zu finden sind, jedoch nicht unbedingt einen guten Ruf geniessen. Erdölderivate wie Paraffin und generell Mineralöle, die zwar für eine angenehme Textur sorgen, jedoch hinsichtlich ihrer Unbedenklichkeit häufig im Brennpunkt von Diskussionen stehen, haben deshalb genauso wenig in Naturkosmetik verloren wie Silikon (häufig deklariert unter dem Namen «Dimethicon») als Faltenfüller oder in der Haarpflege. Radioaktive Bestrahlung zur Entkeimung, chemische Konservierungsmittel, gentechnisch veränderte Inhaltsstoffe und auch das bekannte Sodium Lauryl Sulfat in Shampoos und Duschmitteln sind in Naturkosmetik tabu und werden durch mildere und umweltverträglichere waschaktive Substanzen ersetzt.

Naturkosmetik oder Dermokosmetik?

Wir haben nun viel über die Vorteile von Naturkosmetik gehört und so zukunftsweisend sie sein mag, steckt sie doch gewissermassen noch in den Kinderschuhen. Das Experimentieren mit Rezepturen, die gut verträglich, angenehm anzuwenden und eine sichtbare Wirkung erzeugen, ist längst nicht über alle Zweifel erhaben. Was für normale Haut keine Herausforderung darstellt, kann für empfindliche, trockene und gestresste Haut schnell zum Problem werden: Ätherische Öle können Reizungen und Allergien verursachen, zu hohe Ölanteile lassen das Gesicht fettig glänzen und führen zu Hautunreinheiten. Wenn Ihre Haut besondere Bedürfnisse hat, empfehlen Hautärzte nach wie vor Dermokosmetik. Dermokosmetik unterscheidet sich von herkömmlicher sowie Naturkosmetik dadurch, dass sie insbesondere für medizinische Zwecke, also beispielsweise für sensible und kranke Haut, entwickelt wurde. Zudem sind ihre langfristig positiven Wirkungen mit klinischen Studien untermauert. Kosmetik ist und bleibt eben individuell – genau wie Sie.