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Reisen mit Medikamenten

Egal, wohin man sich zur Erholung aufmacht: Befinden sich Arzneien im Koffer, ist einiges zu beachten.

Irene Strauss, Apothekerin

Viele Menschen brauchen regelmässig Medikamente. Wussten Sie, dass etwa die Hälfte der Schweizer Bevölkerung ab fünfzehn Jahren innerhalb von sieben Tagen mindestens ein Arzneimittel einnimmt? Rund ein Drittel der Schweizer ist zudem durch chronische Krankheiten beeinträchtigt. Da sich dieses Phänomen mit zunehmendem Alter häuft, müssen rund 84 Prozent der über Fünfundsiebzigjährigen ihrer Gesundheit zuliebe regelmässig Medikamente anwenden, und zwar nicht nur im Alltag, sondern auch in den Ferien!

So viel soll mit!

Dass jemand, der permanent Arzneimittel braucht, auf Reisen genug davon mitnimmt, mag einleuchtend erscheinen. Dennoch kann es schnell zu Engpässen kommen. Dann nämlich, wenn beispielsweise der Aufenthalt unerwartet verlängert wird oder die Packung aus unerklärlichen Gründen einfach nicht mehr zu finden ist. Auch wenn Schweizer Apotheken befähigt sind, im Bedarfsfall ein rezeptpflichtiges Medikament ohne Rezept abzugeben, sollte man deshalb die notwendige Medikamentenration für unterwegs nicht zu knapp bemessen und niemals so lange warten, bis alles verbraucht ist. Empfehlenswert ist ein Mehrbedarf von mindestens einer Woche. Es kann auch Sinn machen, die notwendigen Einheiten auf zwei Gepäckstücke zu verteilen und stets Taschen auszuwählen, die gut verschliessbar sind. Besonders heikel kann die Situation im Ausland werden. Nicht nur, dass Gepäckstücke beim Fliegen verspätet ankommen können oder gar verloren gehen, oft gelten in fremden Ländern auch noch andere Abgabebestimmungen als hierzulande. Zudem kann man sich nie sicher sein, ob es das gewohnte Medikament ausserhalb der Schweiz auch tatsächlich gibt.

Korrekte Lagerung

Ferien bedeutet oft Sommer, Sonne und Hitze. Genau das sollte man hinsichtlich korrekter Arzneimittellagerung aber tunlichst vermeiden. Nicht nur, dass manche Zubereitungsformen wie Zäpfchen unter den zu hohen Temperaturen leiden und sogar schmelzen würden, auch die Arzneistoffe selbst können kaputtgehen. Besonders heiss kann es im Auto werden, aber auch die Strandtasche in der prallen Sonne ist für die Arzneimittellagerung ein absolutes Tabu. Vorsicht ist vor allem bei temperaturempfindlichen Präparaten geboten, die zwischen 2 bis 8 °C, also im Kühlschrank, aufbewahrt werden sollten. Einen Vorteil bieten hier Medikamente, die nicht mehr kühl gelagert werden müssen, sobald sie in Verwendung sind. So ist beispielswiese Insulin bei Temperaturen von bis zu 25 °C vier Wochen haltbar. Sind Temperaturen > 30 °C zu erwarten, eignen sich für Insulin oder andere temperaturempfindliche Arzneimittel handliche Kühltaschen, die einen Bereich zwischen 18 und 25 °C aufrechterhalten und zur Aktivierung lediglich Wasser benötigen. Herkömmliche Kühlpatronen, die man in das Gefrierfach legt, sind nur dann geeignet, wenn das Medikament nicht direkt mit der Eisfläche in Kontakt kommt, da Frieren Arzneistoffen oft genauso schadet wie Hitze.

Einfuhrvorschriften beachten

Wer über die Grenze geht, sollte grundsätzlich nur Medikamente für sich selbst und nicht für Drittpersonen mit sich führen (Ausnahme Kinder). Zudem darf die Menge den Bedarf von dreissig Tagen nicht überschreiten. Man sollte sich ausserdem unbedingt beim Einreiseland erkundigen, ob dort ein Mitführen des gewünschten Medikamentes auch tatsächlich erlaubt ist und wenn ja, ob eine ärztliche Bescheinigung dafür vonnöten ist. Vor allem bei starken Schmerzmitteln, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, und bei Hustenmitteln, die Codein enthalten, ist diesbezüglich Vorsicht geboten. In manchen Ländern (z. B. in Asien und im Nahen Osten) ist deren Einfuhr nämlich sogar gänzlich verboten und gilt als Straftat. Doch auch Hanfprodukte, genauer CBD-Präparate, können zu Schwierigkeiten führen, da die Schweiz einen höheren Gehalt an psychoaktivem THC (Tetrahydrocannabinol) zulässt als beispielsweise der europäische Raum. Um bereits vor Reiseantritt die Einfuhrbestimmungen des Ziel- oder Transitlandes zu kennen, sollten sich laut Swissmedic alle Reisenden von fernen Destinationen frühzeitig direkt mit der zuständigen Botschaft in Verbindung setzen. Sollten Sie diesbezüglich Kontaktadressen benötigen oder noch weitere Fragen haben, weiss Ihre Apotheke sicher Bescheid.

Auf die Optik achten

Medikamente werden vor allem auf Reisen oft nicht sachgemäss gelagert. Für einen Laien ist es nur schwer abzuschätzen, ob das Präparat dennoch weiterverwendet werden darf oder nicht. Bei folgenden Veränderungen sollte das Arzneimittel jedenfalls entsorgt werden:

  • Eine an sich homogene Salbe hat sich in zwei Phasen aufgetrennt.
  • Die Farbe, der Geruch und/oder der Geschmack des Arzneimittels haben sich verändert.
  • Eine klare Flüssigkeit weist plötzlich Feststoffpartikel oder Klumpen auf oder erscheint trüb.
  • Das Produkt ist durch Hitze geschmolzen (Zäpfchen) oder Kälte gefroren.
  • Die Flüssigkeit hat an Volumen verloren (z. B. durch ungenügendes Verschliessen des Fläschchens).
  • Die unmittelbare Arzneimittelverpackung ist beschädigt: Nur unversehrte Tablettenblister und Verpackungseinheiten schützen vor Licht und Feuchtigkeit.