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Tiergesundheit: Ein Tier ist kein Mensch

Wir Menschen sind für die tiergerechte Haltung unserer Vierbeiner verantwortlich. Dazu gehört die Gesunderhaltung und bei Krankheit eine entsprechende Behandlung. Häufig ist es sinnvoll, sich von einer Fachperson beraten zu lassen. Da Humanarzneimittel für Tiere schädlich sein können, sollte auf den Griff in die eigene Hausapotheke verzichtet werden.

Dr. med. vet. Matthias Scholer

Bei der Pflege, Gesunderhaltung und Therapie unserer Vierbeiner kommen verschiedene Produkte zum Einsatz: von Shampoos über Futtermittelzusätze wie beispielsweise essenzielle Fettsäuren bis hin zu Tierarzneimitteln wie Schmerzmittel oder Antibiotika. Tierarzneimittel durchlaufen, vergleichbar mit Arzneimitteln für Menschen, vor einer Marktzulassung eine eingehende Prüfung durch die Schweizerische Zulassungs- und Aufsichtsbehörde Swissmedic. Im Zug dieses Prozesses wird auch entschieden, ob für den Bezug eines bestimmten Produkts ein tierärztliches Rezept benötigt wird, ob das Tierarzneimittel ohne Verschreibung, aber nur durch eine medizinische Fachperson abgegeben werden darf oder ob das Produkt für den Verkauf im Grosshandel zugelassen wird. 

Grosse Unterschiede

Auch wenn es einige Wirkstoffe gibt, die sowohl in der Veterinär- als auch in der Humanmedizin zum Einsatz kommen, sollte man als Tierbesitzer nicht daraus schliessen, dass man Medikamente, die für Menschen bestimmt sind, bei Vierbeinern bedenkenlos einsetzen kann. Die verschiedenen Tierarten weisen zum Teil erhebliche anatomische und physiologische Unterschiede zum Menschen auf. Folglich kann es zu grossen Abweichungen bezüglich Wirkintensität, Wirkdauer und Verträglichkeit kommen. Ebenfalls darf man nicht vergessen, dass in der Tiermedizin die Dosierung immer an das Körpergewicht des Patienten angepasst wird – vor allem bei kleinen Tieren ist die korrekte Abmessung nicht immer einfach. Deshalb ist auch rechtlich der Einsatz von Humanarzneimitteln bei Tieren klar geregelt: Grundsätzlich sind bei Tieren zugelassene Tierarzneimittel zu verwenden. Nur eine Tierärztin, ein Tierarzt darf in klar definierten Ausnahmefällen den Einsatz eines Humanarzneimittels bei Tieren verordnen.

Von Natur aus vorsichtig

Die Darreichungsform der Tiermedikamente unterscheidet sich wenig von der von Arzneimitteln für Menschen – die meisten Tierarzneimittel müssen über den Mund verabreicht werden. Tiere sind jedoch von Natur aus vorsichtig, wenn sie mit Substanzen konfrontiert werden, die sie nicht kennen. Dieses intuitive Abwehrverhalten erschwert leider auch die Medikamentengabe. Trotz dieser Hürde sollten Therapien nicht vorzeitig abgebrochen oder gar ganz darauf verzichtet werden. Dies gilt auch für prophylaktische Massnahmen wie Entwurmungen. Um die Schwierigkeiten einer peroralen Medikamentengabe umgehen zu können, werden seit einigen Jahren sogenannte «Spot-On»-Präparate angeboten. Diese träufelt man den Tieren im Schulterbereich auf die Haut. Zu dieser Gruppe gehören beispielsweise Zecken- und Flohmittel, bei denen sich der Wirkstoff in der Haut verteilt und so die Parasiten fernhält. Zusätzlich sind auch «Spot-On»-Präparate auf dem Markt, bei denen der Wirkstoff durch die Haut in die Blutbahnen gelangt. Einige Wurmmittel für Katzen funktionieren bereits nach diesem Prinzip.

Tabletten allenfalls zerkleinern

Trotz dieser Innovationen wird der Grossteil der Tierarzneimittel noch in Tablettenform angeboten. Häufig werden die Pillen mit Aromastoffen versetzt und möglichst klein gestaltet, damit die Tiere einfacher von deren Aufnahme überzeugt werden können. Und was, wenn auch dies nicht hilft? Wie gelangen die Tabletten ohne grossen Kampf in das Tier? Grundsätzlich behalten Medikamente ihre Wirkung, wenn man sie kurz vor der Verabreichung in einem Handmörser zerkleinert. Das so gewonnene Pulver kann anschliessend unters Futter gemischt oder in wenig Wasser aufgelöst und dem Patienten eingeflösst werden.

Griff in die Trickkiste

Bei Hunden bietet sich alternativ an, das Medikament mit Fleisch zu umwickeln. Die Gier auf ein gutes Stück Wurst lässt den Vierbeiner häufig vergessen, dass er gleichzeitig auch eine Tablette mitschluckt. Funktioniert auch diese Methode nicht, können beim Hund die Tabletten direkt in den hinteren Zungenteil gelegt werden. Dabei umfasst die eine Hand den Nasenrücken des Tiers. Mit den Fingern wird dann beidseits leichter Druck auf die Lefzen ausgeübt und mit dem Mittelfinger der anderen Hand der Unterkiefer nach unten gedrückt, damit die Tablette möglichst weit hinten im Rachenraum deponiert werden kann. Danach wird das Maul des Vierbeiners zugehalten und der Kopf solange nach oben gehalten, bis der Hund das Arzneimittel schluckt. Bei Bedarf kann der Schluckreflex auch durch Aufträufeln von einigen Wassertropfen auf die Schnauze ausgelöst werden, da sich ein Hund danach reflexartig die Nase ableckt und gleichzeitig schluckt.

Lob und Streicheleinheiten

Vor allem bei Katzen bleibt die Medikamentengabe ziemlich schwierig und die Tierbesitzer müssen sich deshalb immer versichern, dass ihr Stubentiger die Tabletten wirklich schluckt und nicht gleich wieder ausspuckt. Welchen Trick man auch anwendet, eine Grundregel gilt es einzuhalten: Das Tier darf dadurch nicht traumatisiert werden. Eine Medikamentengabe sollte deshalb immer von viel Lob und Streicheleinheiten begleitet werden, um nicht als negative Stresssituation in Erinnerung zu bleiben.