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Hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren

Die hormonellen Veränderungen machen vielen Frauen ab etwa 50 Jahren zu schaffen. Doch wenn man die Wechseljahre mit Mut und Selbstbewusstsein angeht, können sie durchaus auch ihre positiven Seiten haben.

Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen und Gewichtsprobleme – die Wechseljahre haben nicht gerade den besten Ruf. Wenn die Produktion der weiblichen Geschlechtshormone rund um das 50. Lebensjahr zurückgeht, können äusserst lästige Symptome auftreten. Doch nicht alle Frauen sind gleichermassen betroffen: Während rund ein Drittel fast gar keine Probleme hat, berichtet ein weiteres Drittel von leichten Beschwerden und nur etwa ein Drittel leidet stark.

Die Wechseljahre – auch Klimakterium genannt – bezeichnen die Übergangsphase zwischen den fruchtbaren und den unfruchtbaren Jahren. Anders als die meisten weiblichen Tiere leben Frauen heutzutage noch gut und gerne 30 bis 40 Jahre weiter, obwohl sie längst keinen Nachwuchs mehr haben können. Wieso das so ist, ist nicht abschliessend geklärt. Eine plausible These ist, dass Grossmütter dadurch frei sind, beim Aufziehen ihrer Enkel mitzuhelfen und so zum Erhalt ihrer eigenen Gene beitragen.

Stabiler nach einigen Jahren

Die Umstellung des Körpers setzt im Durchschnitt mit 51 Jahren ein, kann hingegen in Ausnahmefällen bereits ab 40 oder erst Mitte 50 aktuell werden. Die Menstruation tritt unregelmässiger auf; oft kommt es zwischendurch zu Schmierblutungen. Erst etwa ein Jahr nach der letzten Monatsblutung kann eine Frau sich aber darauf verlassen, nicht mehr schwanger zu werden. Diese letzte Blutung heisst unlogischerweise Menopause: Es handelt sich nämlich nicht um eine Pause, sondern um das definitive Ende des weiblichen Zyklus. Die Veränderung zieht sich über vier bis acht Jahre hin. Danach verhält sich der Hormonspiegel meist wieder stabiler und die Beschwerden klingen ab.

Wie Frauen die Wechseljahre erleben, hängt zusätzlich stark von ihrer Lebenssituation ab. Bei einem unerfüllten Kinderwunsch stirbt mit dem Ausbleiben der Menstruation die letzte Hoffnung – obwohl die Chancen für eine Schwangerschaft schon viel früher nur noch gering sind. Wer sich sowieso nicht wohlfühlt in seinem Körper und mit Alterserscheinungen wie Falten und grauem Haar hadert, hat nun wahrscheinlich erst recht das Gefühl, nicht mehr attraktiv zu sein. Redewendungen wie «Frauen ab 50 sind unsichtbar» machen die Sache nicht besser. Doch obwohl die Veränderungen bei den Männern kontinuierlicher vonstattengehen und nicht an einem körperlichen Zeichen festzumachen sind: Auch vor ihnen macht das Alter keineswegs Halt.

Mens-Schmerzen ade

Die Wechseljahre haben durchaus ihre positiven Seiten: Frauen, die jahrzehntelang jeden Monat während der Periode unter Schmerzen oder starkem Unwohlsein litten, haben nun endlich Ruhe. Einige entfachen mit ihrem letzten Vorrat an Tampons und Binden gar ein Freudenfeuer. «Jede zweite Frau erlebt das Ausbleiben der Menstruation als entlastend», sagt die Solothurner Gynäkologin Regina Widmer, Co-Autorin des Beobachter-Ratgebers «Cool durch die heissen Jahre». Migräne-Anfälle treten nach der hormonellen Umstellung ebenfalls seltener auf. Befreiend empfinden viele, dass das Thema Verhütung nun endlich vom Tisch ist, wie Widmer weiss: «Manche ältere Frauen können ihre Sexualität nun nochmals anders geniessen oder entdecken sie gar ganz neu.»

Für Mütter fällt zeitgleich der Auszug der Kinder häufig in diese Lebensphase. Dies kann Trauer oder gar eine Krise auslösen, aber auch eine Befreiung von jahrelangen Pflichten bedeuten. Etliche Frauen blühen nun beruflich nochmals auf, arrangieren sich allein oder zusammen mit ihrem Partner neu und finden mehr Zeit für Hobbys und Sport. Bewegung trägt dazu bei, die Wechseljahrbeschwerden zu lindern, den Schlaf zu verbessern und die Gewichtszunahme einzudämmen.

Manche ältere Frauen können
ihre Sexualität nun nochmals
anders geniessen oder entdecken sie gar ganz neu

Regina Widmer, Gynäkologin und Autorin

Sport gegen Pfunde

Die zusätzlichen Kilos auf der Waage sind nämlich ein sehr verbreitetes Phänomen in dieser Zeit. Denn wenn der Körper keine Eizellen mehr und weniger des Geschlechtshormons Progesteron produziert, braucht er weniger Kalorien. Wer gleich viel isst wie früher, nimmt also automatisch zu – in der Regel vermehrt am Bauch. Die sogenannte viszerale Fettspeicherung – im Volksmund die Apfel-Form – ist besonders problematisch, weil sie das Risiko für diverse Erkrankungen stärker steigert als die Birnen-Form mit hauptsächlicher Fettansammlung an den Hüften und Beinen. Das Bauchfett begünstigt Bluthochdruck, verbunden mit Herzinfarkt und Schlaganfällen, sowie Demenz, Fettleber, Zuckerkrankheit und Krebserkrankungen.

Wie gut man durch die Wechseljahre kommt, habe man ein Stück weit selbst in der Hand, sagt Regina Widmer. Gemäss Studien leiden Frauen, die diesem Lebensabschnitt ängstlich entgegensehen, stärker unter Beschwerden als jene, die ihn mit einer positiven Einstellung angehen. «Wir Frauen sollten den Lebensnachmittag als Chance sehen und ihn selbst gestalten.»

Hilfe holen, statt still leiden

Für typische Wechseljahrbeschwerden halten Apotheken diverse pflanzliche Präparate bereit: Gegen Hitzewallungen hilft Salbei – in Form von Tee, Tropfen oder Tabletten. Genauso können der Extrakt der Traubensilberkerze und des Mönchspfeffers die Schweissausbrüche, Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen und Müdigkeit lindern. Tritt bei derartigen Hausmittelchen keine Besserung ein, ist ein Gang in die Gynäkologie-Praxis empfohlen. Neben einer Hormonersatz-Therapie stehen diverse weitere Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.

Buchtipp
Ruth Jahn, Regina Widmer: Cool durch die heissen Jahre. 2019, 285 Seiten, Beobachter-Verlag