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Kinder und Essen: Die Neugierde wecken

Kinder für abwechslungsreiches und gesundes Essen zu gewinnen, ist für Eltern keine einfache Aufgabe. Eine erfahrene Fachfrau gibt Tipps.

Es ist wie ein Wunder: Kaum ist ein Kind geboren, produziert der Körper der Mutter exakt die ideale Ernährung. Die Muttermilch passt sich sowohl dem Alter des Säuglings als auch seinen Bedürfnissen innerhalb einer Stillmahlzeit an: Die Zusammensetzung der Milch verändert sich so, dass das Kind stets eine Art Vorspeise, Hauptgang und Dessert zu sich nimmt.

«Muttermilch ist gesund und stets in der richtigen Temperatur und Zusammensetzung verfügbar», sagt Andrea Trachsel, Mütter- und Väterberaterin in der Region Luzern. Zudem vertiefe das Stillen die Beziehung zwischen Mutter und Kind und diene der primären Prävention: «Muttermilch versorgt das Kind mit Immun- und Abwehrstoffen und gilt als einer von mehreren Schutzfaktoren gegen den plötzlichen Kindstod.»

Nähe auch mit Schoppen

Heutzutage geben rund 95 Prozent der Mütter ihrem Kind zumindest in den ersten Monaten die Brust. Manchmal klappt das Stillen jedoch aus körperlichen Gründen nicht, die Mutter entscheidet sich dagegen oder die Umstände lassen es nicht zu – zum Beispiel, wenn die Frau schon bald wieder arbeitet. In solchen Fällen seien Säuglingsmilchen – sogenannte Formula-Milchen – eine gute Alternative, sagt Andrea Trachsel. «Wir empfehlen eine Pre- oder Anfangsmilch, weil diese sehr gut an die Muttermilch adaptiert sind.» Wärme und Zuneigung erlebe das Kind auch beim Schoppengeben. Zudem können bei dieser Ernährungsart auch der Vater oder andere Bezugspersonen etwas zur Kinderbetreuung beitragen.

An den Brei gewöhnen

Zwischen dem vierten und siebten Lebensmonat sind Kinder bereit, sich an das Essen zu gewöhnen. Gemäss Richtlinien der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie passe man den Brei-start den individuellen Bedürfnissen, Gegebenheiten und Kulturen der jeweiligen Familien an, erklärt Trachsel. «Jeder Entwicklungsschritt hat sein Zeitfenster, in dem er am ehesten gelingt. Kinder zeigen von selbst, wann sie bereit sind.»

Am günstigsten sei es, den Brei selbst herzustellen und portionenweise einzufrieren, empfiehlt die Mütter- und Väterberaterin. Als Grundrezept gilt: zwei Drittel weich gekochtes Gemüse je nach Belieben und Saison – zum Beispiel Rüebli, Fenchel, Kürbis, Zucchini – und ein Drittel Kohlenhydrate wie Kartoffeln, Hirse oder Dinkel. Verfeinern kann man das Püree mit einem Teelöffel Rapsöl. «Je mehr Abwechslung der Brei bietet, desto besser gewöhnt sich das Kind an verschiedene Geschmacksrichtungen», sagt die Fachfrau. Bei fertigen Brei-Produkten sei es wichtig, darauf zu achten, dass sie weder Salz noch Zucker enthalten.

Essen mit allen Sinnen

Eine andere Option ist Fingerfood: Das Kind bekommt einen Teller voll weich gekochter Gemüse- und Früchtestücke vorgesetzt und darf sich selbst bedienen. Dabei lernt es die Lebensmittel auf spielerische Art kennen. Zu Beginn landet meist nur ein kleiner Teil des Essens im Mund. Der Rest fliegt auf den Boden oder wird in den Händchen zermantscht. Fingerfood erlaube dem Kind, vielfältige sensorische Erfahrungen zu machen, sagt Trachsel. «Es entscheidet selbst, was und wie viel es essen möchte.» Fingerfood könne auch gut mit Brei kombiniert werden.

Nicht zu viel Süsses

Zurückhaltung ist bei Süssigkeiten angebracht. Um eine frühe Gewöhnung an Zucker sowie spätere Folgen wie Karies und Übergewicht zu vermeiden, rät Trachsel bis zum ersten Lebensjahr von gezuckerten Lebensmitteln ab. «Danach hat ein kleines Dessert einmal täglich Platz – zum Beispiel ein kleines Stück Schokolade.» Verbreitet sind heutzutage Lebensmittelallergien und -unverträglichkeiten wie etwa bezüglich Laktose, Fruchtzucker, Gluten oder Histamin. Die häufigsten Symptome davon sind Hautausschläge, Bauchkrämpfe, Durchfall oder Verstopfung. Bei Unsicherheit empfiehlt sich eine Abklärung beim Kinderarzt oder bei der Kinderärztin.

Mehr als Kalorienaufnahme

Wie aber schafft man es, den Nachwuchs zu einem vielfältigen, gesunden Essverhalten zu bringen? «Kinder sind von Natur aus neugierig und lernen von Vorbildern», weiss die Fachfrau. Die Mahlzeiten sollten deshalb gemeinsam am Familientisch eingenommen werden und mit Lachen und Austausch verbunden sein. «Essen ist etwas Schönes und Lustvolles», betont Andrea Trachsel. Wenn das Kind trotzdem partout kein Gemüse essen will, helfen häufig kleine Tricks: Lustige Figuren schnitzen aus einem Apfel oder Rüebli oder das Kind beim Kochen helfen lassen. Da steckt es sich oft von selbst zwischendurch etwas in den Mund.

Gesunde Knabbereien

Erwachsenen wird heute geraten, zwischen den Mahlzeiten längere Pausen einzulegen, damit der Körper nicht dauernd zum Ausschütten von Insulin angeregt wird. Für Kinder ist das nichts. Um fit und aufnahmefähig zu bleiben, brauchen sie bis mindestens zum zehnten Lebensjahr fünf Mahlzeiten täglich. Neben Frühstück, Mittag- und Abendessen sollten sie einen kleinen Znüni und Zvieri zu sich nehmen und etwas trinken. Sinnvolle Zwischenmahlzeiten sind möglichst frische Lebensmittel ohne zugefügten Zucker und mit wenig Fett. Früchte und Gemüse versorgen das Kind mit Vitaminen und Ballaststoffen. Zusätzlich braucht es etwas Sättigendes.

Tipps für abwechslungsreiche Znüni und Zvieri:

  • Früchte je nach Saison (Apfel- oder Birnenschnitze, Mandarinen-, Orangenschnitze, Beeren, Melonenstücke, Aprikose, Pfirsich …)
  • Trockenfrüchte (kleinere Menge als frische Früchte, da der Zucker konzentrierter ist)
  • Rohes Gemüse (Rüebli, Gurken, Peperoni, Chicorée, Stangensellerie, Edamame …)
  • Vollkorncracker, dunkles Brot, Reiswaffeln
  • Nüsse (erst ab drei Jahren wegen Gefahr des Verschluckens)
  • Kleines Müesli: Getreideflocken, eingeweicht in Kuh- oder Pflanzenmilch, mit etwas ungesüsstem Joghurt oder Quark und Früchten
  • Zum Trinken: Wasser oder ungesüsster Tee