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Schimmelpilze: Lästig und nützlich zugleich    

Schimmelpilze sind Überlebenskünstler! Sie kommen beinahe überall vor und können sich bei geeigneten Bedingungen schnell ausbreiten. Obwohl diese Organismen bei uns Menschen meist auf Abscheu stossen, sind einige doch nützlich und für uns von grosser Bedeutung.

Während manche Arten hoch spezialisiert und gut versteckt in schmalen ökologischen Nischen leben, gedeihen andere überall dort, wo für sie gute Bedingungen vorherrschen: Bisher wurden rund hunderttausend verschiedene Schimmelpilzarten näher beschrieben, doch Schätzungen zufolge sollen bis zu einer Viertelmillion existieren.

Spannende Biologie

Schimmelpilze gehören, wie ihr Name bereits verrät, zum grossen Reich der Pilze. Pilze sind wie die Pflanzen sesshaft und grundsätzlich unbeweglich. Sie besitzen auch Zellwände, die allerdings aus Chitin und nicht wie bei Pflanzen aus Zellulose aufgebaut sind. Im Gegensatz zu Pflanzen gewinnen Pilze ihre Energie jedoch nicht durch Fotosynthese direkt aus dem Sonnenlicht. Pilze müssen ihre Nahrung aus ihrer Umgebung aufnehmen. Hierzu sondern sie Enzyme ab, die wichtige Nährstoffe lösen und so für die Aufnahme über mikroskopisch fein verzweigte Pilzfäden bereitstellen. Diese Pilzfäden sind äusserst dünn und nur schwer zu erkennen, bilden aber ein weitgefächertes Netz, das den Hauptbestandteil eines jeden Pilzes ausmacht.

Schimmelpilzsporen sind
grundsätzlich immer
in der Luft vorhanden.

Anders als beispielsweise Hutpilze, die grosse und teilweise geniessbare Fruchtkörper produzieren, bilden Schimmelpilze keine sichtbaren Fruchtkörper aus. Die mikroskopisch kleinen Sporen, die zur Vermehrung dienen, werden in winzigen Auswüchsen gebildet und schliesslich in enormen Mengen an die Luft abgegeben. Schimmelpilzsporen sind grundsätzlich immer in der Luft vorhanden. Sobald eine dieser Sporen an einem Ort landet, der gute Wachstumsbedingungen aufweist, bildet sich daraus ein neuer Schimmelpilz.

Gefahren durch Schimmelpilz

Schimmelpilze können ein beachtliches Gesundheitsrisiko mit sich bringen. Unter anderem auch um sich selbst zu schützen, sind viele Schimmelpilze giftig. Befällt ein Schimmelpilz ein Nahrungsmittel, sind die Toxine dann auch dort vorhanden. Die Gifte sind weder durch hohe oder tiefe Temperaturen noch durch Trocknen oder Ähnliches zu zerstören. Daher sollten verschimmelte Lebensmittel entsorgt und nicht mehr verzehrt werden, ausser es handelt sich dabei um Edelschimmel, der zum Beispiel gewissen Käsesorten zugesetzt wird.

Unter bestimmten Umständen, vor allem in feuchtwarmem Klima, können sich Schimmelpilze auch in Wohnräumen breitmachen. Das kann gefährlich werden, da eine stark erhöhte Sporenkonzentration in der Luft schädlich ist. Die winzigen Sporen werden eingeatmet, sind giftig oder können Allergien auslösen. Gerade bei grossflächigem Schimmelbefall von Wänden, Möbeln oder anderen Gegenständen im Wohnraum ist daher Vorsicht geboten.

Vor allem bei Personen mit einem geschwächten Immunsystem können Schimmelpilze auch den menschlichen Körper befallen. Dabei ist das Wachstum dieser Schädlinge nicht nur auf der Haut, sondern auch in inneren Organen oder im Blut möglich. Derartige Pilzbefälle sind zwar sehr selten und bei gesunden Personen kaum zu beobachten, die Folgen bei einem Befall sind jedoch meist schwerwiegend und können auch tödlich enden.

Das hilft gegen Schimmelbefall

Damit ein Schimmelpilz gedeihen kann, benötigt er vor allem Feuchtigkeit, Nährstoffe und eine bestimmte Temperatur. Nahrungsmittel enthalten die nötige Feuchtigkeit sowie optimale Nährstoffe meist selbst, weshalb zum Beispiel Früchte oder Essensreste bei längerer Lagerung oft zu schimmeln beginnen. Die Aufbewahrung im Kühlschrank dient dazu, das Wachstum der Schimmelpilze durch kalte Temperaturen zu verlangsamen.

Schimmel in Wohnräumen ist vor allem im Winter ein Problem. Die geheizte Luft kann viel Feuchtigkeit aufnehmen. Sobald diese in die Nähe von kalten Wänden oder Fenstern gerät, kühlt sie ab. Da kalte Luft deutlich weniger Wasser speichern kann, steigt die relative Luftfeuchtigkeit, es kommt zu Kondensation und guten Wachstumsbedingungen. Auf glatten Oberflächen kann Schimmel meist mit einem feuchten Tuch weggewischt werden. Raue Oberflächen behandelt man am besten mit speziellen Antischimmelsprays. Durch die Verwendung von alkohol- oder chlorhaltigen Reinigungsmitteln wird das weitere Pilzwachstum gehemmt. Eine ähnliche, aber lang anhaltendere Wirkung haben alkalische Kalt- und Silikatfarben. Langfristig helfen vor allem konsequentes Stosslüften oder ein Luftentfeuchter, um die Feuchtigkeit aus dem Haus zu bekommen.

Nutzschimmelpilze

Schimmel baut bestimmte Nährstoffe (vor allem Zucker) ab, um daraus Energie zu gewinnen. Die anfallenden «Abfallprodukte» sind oft aromatisch und werten Nahrungsmittel auf. Schimmelpilze dienen aber auch als Proteinquelle oder liefern Medikamente.

  • Alexander Flemming entdeckte 1928 das erste Antibiotikum. Es handelt sich dabei um eine Substanz, die durch Pilze der Gattung Penicillium produziert wird, um sich gegen Mikroorganismen zu verteidigen.
  • Edelschimmel finden wir in einigen Nahrungsmitteln, allen voran in Schimmelkäse. Erst der spezifische Schimmel gibt Roquefort, Gorgonzola, Camembert und Co. ihr charakteristisches Aroma.
  • Schimmelpilze werden teilweise benutzt, um bestimmte Aromen zu synthetisieren. In den fertigen Aromen ist allerdings kein Schimmel mehr vorhanden.
  • Quorn ist ein vegetarischer Fleischersatz, der zu grossen Teilen aus den Pilzfäden eines bestimmten Schimmelpilzes besteht.
  • Weintrauben werden teilweise von einem Schimmelpilz, der Edelfäule, befallen. Dieser Pilz verändert den Saft der Beeren und macht ihn deutlich süsser. Daraus werden begehrte Weine produziert.
  • Auch bestimmte Teesorten erhalten ihre spannenden Aromen erst durch verschiedene Schimmelpilze, die in diesen exquisiten Tees noch jahrzehntelang weitergedeihen können.