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Kleine Milbe – grosse Wirkung

Die Hinterlassenschaften von Hausstaubmilben rufen bei manchen Menschen starke allergische Reaktionen hervor. Durch bestimmte Massnahmen kann die Belastung durch solche allergieauslösenden Stoffe (Allergene) deutlich gesenkt werden.

Klaus Duffner

Bei Allergien bekämpft die Körperabwehr mit einem Grossaufgebot unterschiedlicher Immunzellen einen «Feind», der eigentlich völlig harmlos ist. Man kennt bis heute mehr als 20 000 solcher Allergene, die bekanntesten sind Blütenpollen, Erdnüsse, Eier, Tierhaare, verschiedene Lösungsmittel, Insektengifte – und natürlich der Hausstaub. Allergien entstehen in zwei Phasen. In der Sensibilisierungsphase hat die Immunabwehr zum ersten Mal Kontakt mit Allergenen, etwa durch das Einatmen von Pollen oder Hausstaub. Bei allergieanfälligen Menschen wird dadurch das Immunsystem «scharf gemacht». Beim nächsten Kontakt kommt es dann zu einer mehr oder weniger heftigen allergischen Reaktion: Die Schleimhäute schwellen an, die Augen entzünden sich, die Nase läuft, es beginnt zu jucken und das Atmen fällt schwerer. Im Extremfall können sich daraus lebensbedrohliche Situationen entwickeln.

Warm und feucht

Unter den Allergien gehören Hausstauballergien zu den häufigsten. Die winzigen und ungefährlichen Hausstaubmilben kommen bei uns in zwei Arten vor. Sie ernähren sich von mikroskopisch kleinen menschlichen Hautschuppen und fühlen sich am wohlsten, wenn es warm und feucht ist. Solche Bedingungen finden sich vor allem im Bett. So schwitzt ein Mensch in einer Nacht im Schlaf rund 200 Milliliter Feuchtigkeit aus. Ein Weibchen legt in seinem 30- bis 100-tägigen Leben zwischen 40 und 80 Eier. Da es in der Heizperiode für die Tiere zu trocken wird, stirbt ein Grossteil von ihnen im Herbst und Winter ab. Die Milbenkörper und der Kot zerfallen und die Allergene werden in grossen Mengen freigesetzt und verwirbelt. Die typischen allergischen Reaktionen sind dann tropfende beziehungsweise verstopfte Nasen, gerötete, entzündete Augen, Niesen und Husten, Atemnot, juckende Haut, Kopfschmerzen oder Halskratzen.

Schrittweise Verschlimmerung

In einer Studie der Berliner Universitätsmedizin Charité wollte man wissen, auf welche Milbenstoffe das Immunsystem reagiert. Dazu wurden Blutproben analysiert, die Ärzte und Ärztinnen von 722 Kindern mit Hausstaubmilbenallergien während ihrer ersten 20 Lebensjahre regelmässig gesammelt hatten. Es zeigte sich, dass die Kinder zu Beginn ihrer Allergie auf drei bestimmte Stoffe aus dem Kot der Milben reagierten. Bei einigen Kindern wurde es dann schlimmer. Sie entwickelten Antikörper gegen weitere vier Bestandteile aus dem Milbenkot. Schliesslich verschlechterte sich bei manchen Kindern die Allergie noch weiter. Sie reagierten nicht nur auf den Milbenkot, sondern auch auf fünf bestimmte Stoffe, die direkt vom Milbenkörper stammten. Mit diesen neuen Erkenntnissen, so die Hoffnung der Forschenden, könnte die Hausstauballergie viel spezifischer behandelt werden.

Verschiedene Behandlungsmöglichkeiten

Wie kann man sich gegen eine Hausstauballergie wehren? Der wirksamste Schutz vor allergischen Beschwerden ist es, die Milbenbelastung zu senken und die Allergieauslöser zu vermeiden. Dies geschieht über spezielle Massnahmen und Verhaltensregeln (siehe Box). Zusätzlich lassen sich die Beschwerden durch verschiedene Medikamente behandeln, die auch bei anderen allergischen Reaktionen zum Einsatz kommen. So lindern Antihistaminika als Tablette oder Nasenspray allgemeine Allergiesymptome. Diverse Augentropfen können bei Augenbeschwerden helfen.

Hausstaubmilben fühlen
sich am wohlsten,
wenn es warm und
feucht ist.

Kortikosteroide wirken als Nasenspray abschwellend auf die Nasenschleimhäute. Nur kurz (max. fünf bis sieben Tage) sollten Nasentropfen und Nasensprays mit abschwellenden Substanzen verwendet werden, da ihre Wirkung schnell nachlässt. Für Patientinnen und Patienten mit Asthma und zugleich allergischem Schnupfen können entzündungsmindernde Leukotrienantagonisten eingesetzt werden. Schliesslich helfen Mastzellstabilisatoren bei allergischem Schnupfen und allergischer Bindehautentzündung, indem sie die Ausschüttung bestimmter Immunzellen verhindern. Die Wirksamkeit homöopathischer Mittel ist wissenschaftlich umstritten. Ihr Vorteil: Sie machen keine Nebenwirkungen.

Dauerhafte Lösung

Wer jedoch das Übel an der Wurzel packen will, der sollte sich über einen längeren Zeitraum einer Hyposensibilisierung unterziehen. Dabei spritzt der Arzt oder die Ärztin die Milbenallergene in langsam steigenden Dosierungen regelmässig unter die Haut oder die Betroffenen nehmen sie als Tropfen oder Tablette unter die Zunge (sublingual) zu sich. Dabei wird der Körper langsam an das Allergen «gewöhnt». Im Idealfall sind dem Immunsystem die Allergieauslöser dann irgendwann egal und der «Feind» wird zum «Freund».

Tipps für Milbenallergikerinnen und Milbenallergiker

  • Wohnung gut lüften und trocken halten. Schlafzimmer nicht über 18 bis 20 °C beheizen.
  • Regelmässig Bettdecken, Kissen und Bettwäsche waschen, öfter Teppiche saugen und die Wohnung putzen. Beim Staubsaugen spezielle Feinstaubfilter verwenden.
  • Keine Klimaanlagen, Ventilatoren oder Heizlüfter, die die Luft aufwirbeln, laufen lassen.
  • Keine Staubfänger wie Kuscheltiere, viele Kissen, schwere Vorhänge, offene Bücherregale oder Polstermöbel im Schlafzimmer platzieren.
  • Milbenschutzbezüge (Encasing) für Matratzen, Bettdecken und Kissen benutzen.
  • Kuscheltiere bei 60 °C waschen oder für 24 Stunden ins Gefrierfach legen und danach bei niedrigeren Temperaturen waschen.
  • Keine Topfpflanzen im Schlafzimmer halten.
  • Geeignete Raumluftreiniger gegen die Allergenbelastung kaufen.
  • Ferien am besten im Gebirge (über 1500 Meter) verbringen.
  • Wenn möglich keine haarigen Haustiere halten.