Unsere Psyche: Reine Herzenssache?
«Nimm dir nicht immer alles so zu Herzen.» Wie viel Wahrheit in diesen Worten steckt, ist vielen gar nicht bewusst. Denn unsere Psyche hat einen grossen Einfluss auf unsere Herztätigkeit.
Psychisch bedingte Herzprobleme sind keine Seltenheit. Durch Stresssituationen, Ängste und Depressionen kann unser Herz gerne mal ins Stolpern geraten. Während unsere Psyche bei angeborenen Herzerkrankungen oder Herzinsuffizienz kaum eine Rolle spielt, kann sie hingegen Blutdruck, Puls und Herzrhythmus ganz schön aus dem Ruder bringen. Bei psychisch bedingten Herzbeschwerden verspüren die Betroffenen ganz klare Symptome, am Herz selbst können allerdings keine Schäden festgestellt werden. Interessant ist ebenfalls, dass Patientinnen und Patienten, die unter diesem Phänomen leiden, in der Regel jünger sind als diejenigen mit organischen Herzerkrankungen.
Stress und Depressionen begünstigen aber auch organische Herzbeschwerden und zählen zu den Risikofaktoren besonders für Herzinfarkt. Wir wollen uns aber vorsätzlich mit dem psychologischen Aspekt unseres Herzens befassen. Die Verbindung von Psyche und Herz hat in den letzten Jahrzehnten eine neue Fachrichtung hervorgebracht: die Psychokardiologie, die sich genau mit dieser Wechselwirkung auseinandersetzt.
Woher kommt der «Herzschmerz»?
Wie bereits erwähnt, sind die Ursachen von psychisch bedingten Herzbeschwerden Stress, Depressionen und Ängste. Vor allem beim Stress wollen wir noch genauer hinschauen, denn oftmals wird Alltagsstress als harmlos und sogar als normal abgetan. Stress entsteht nicht nur im Alltag bei der Arbeit oder zu Hause, sondern genauso durch negative emotionale Erlebnisse wie zum Beispiel Trennungen oder den Verlust einer geliebten Person. Stress ist dabei nicht gleich Stress. Wie er wahrgenommen wird und sich äussert, hängt von der persönlichen Stressresistenz, dem Ausmass und der Art des Stresses ab.
Bei psychisch bedingten
Herzbeschwerden verspüren Betroffene
klare Symptome.
Gleichermassen lösen Ängste und oft auch Depressionen Stresssituationen aus. Als Reaktion darauf reagiert unser Körper: Das Herz schlägt schneller, der Blutdruck steigt und es werden zahlreiche Hormone ausgeschüttet. Eigentlich ein ganz natürlicher Mechanismus. Bei den betroffenen Personen reagiert der Körper aber viel heftiger auf eine solche Stresssituation und überdies bleibt dieser angespannte Zustand auch länger bestehen. Es kann zu Verspannungen der Muskeln oder gar zu einer Verkrampfung der Herzkranzgefässe kommen.
Teils massive Symptome
Die Patientinnen und Patienten klagen über Herzrasen, Herzklopfen sowie Herzschmerz. Diese Symptome können akut oder über einen längeren Zeitraum bestehen. Speziell das «Broken Heart Syndrom» wird diesbezüglich oft als Reaktion auf eine Extremsituation wie zum Beispiel einen Todesfall oder eine Trennung geschildert. Bei diesem Syndrom treten Symptome ähnlich einem Herzinfarkt auf: Herzschmerzen, Stechen, Ausstrahlung in den linken Arm sowie Engegefühl im Brustbereich. Personen, die dies erleben, können regelrecht in Panik verfallen. Sie schwitzen, fühlen sich schwindelig und ringen um Atem.
Wie wird behandelt?
All diese Symptome müssen, wenn sie erstmals auftreten, von einem Arzt oder einer Ärztin untersucht werden. Denn sie können immer noch auf eine organische Herzerkrankung wie einen Infarkt hindeuten. Werden nach einer gründlichen Untersuchung des Herzens jegliche Schäden ausgeschlossen und beim Patienten oder bei der Patientin ein seelischer Druck nachgewiesen, wird ein psychisch bedingtes Herzleiden vermutet. Als Therapie sind in erster Linie Entspannungs- und Atmungsübungen wichtig. Sie tragen zur Muskelentspannung und Beruhigung bei. Ferner ist autogenes Training Erfolg versprechend. Oftmals wird auch eine Psychotherapie empfohlen, damit die Betroffenen über ihre Ängste und Probleme sprechen und diese bewältigen können. Zusätzlich kann der Arzt oder die Ärztin Beruhigungsmittel oder Antidepressiva verschreiben.
Betroffene dürfen ebenfalls auf nicht rezeptpflichtige pflanzliche Hilfsmittel zurückgreifen. Baldrian, Passionsblume und Lavendel werden als natürliche Beruhigungsmittel empfohlen. Eine sehr gute stimmungsaufhellende Eigenschaft hat Johanniskraut. Hierbei sollten aber Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten beachtet werden: Die Rücksprache mit einer Fachperson in der Arztpraxis oder in der Apotheke gewährt diesbezüglich Sicherheit.
Wenn das Herz die Seele krank macht
Umgekehrt können auch Herzkrankheiten psychischen Stress auslösen. Zum Beispiel wenn Menschen durch schwerwiegende Ereignisse wie einen Herzinfarkt Todesängste durchgestanden haben und sich vor weiteren Ereignissen fürchten. Oder auch wenn chronische Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie eine Herzinsuffizienz Gefühle der Angst und Hilflosigkeit auslösen. Die Patientinnen und Patienten machen sich Sorgen um ihre Lebensqualität und den weiteren Krankheitsverlauf. Das Vertrauen in das Herz selbst und dessen gutes Funktionieren ist angeschlagen. Folgen sind oftmals Angststörungen, Depressionen oder Panikattacken. Hier kann sich ein Teufelskreis öffnen: «Stress verursacht Herzbeschwerden – Herz-beschwerden verursachen Stress», aus dem es auszubrechen gilt.